Sorgen

SANS SOUCITja – der eine lebt so, die andere so.

Hinter welcher Tür sich wohl weniger Sorgen verborgen haben?

Der eine hat viel Mühe, Zeit und Geld (= die Kraft, die Gesundheit und den Wohlstand seiner Untertanen) darauf verwandt, sich einen Ort „Ohne Sorge“ zu schaffen. Hat zwar im Endeffekt nicht ganz funktioniert, aber er war immer am liebsten hier, die ungeliebte Gemahlin nahezu lebenslang in entfernte Schlösser verbannt.
Nach langer Zeit und vielem Hin und Her wurde er auch dort – seinem ausdrücklichen Wunsch entsprechend – neben seinen geliebten Windhunden begraben.FII_Grab
In den Geschichtsbüchern – insbesondere der Deutschen – hat er sich einen prominenten Platz erobert, wirklich begegnen würde ihm aber heute wahrscheinlich niemand wollen, dem „alten Fritz“, König Friedrich II. von Preußen.
Im Alter vom Leben enttäuscht, eigenbrötlerisch, launisch, reizbar und unberechenbar war er wohl sich und seinen Untertanen am Ende nur noch eine Last – jemand der vielleicht zu lange gelebt und zuviel erlebt hatte.
Unbestritten prachtvoll und in seiner dekadenten Üppigkeit gleichwohl eine Lust für die Sinne hat sein Schloß „Sans Souci“ die Zeiten und seinen Erbauer unbeschadet überlebt und zieht als Beispiel absolutistischer Prachtentfaltung über die Jahrhunderte unverändert zahllose Besucher an.

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Die andere Tür ist weitaus weniger spektakulär: In einem Haus aus der Zeit des letzten deutschen Kaisers, ziemlich in die Jahre gekommen und nicht einmal ansatzweise so gepflegt und erhalten wie Friedrich des II. Lieblingsschloß, war sie wohl der Eingang zu einer großbürgerlich-großzügigen Wohnung, erbaut zu den Hochzeiten des damals noch gar nicht so alten deutschen Reiches. Die Adresse des Hauses trägt einen bekannten Fürsten im Namen und daß es heutzutage – in einer der Berliner Szenen gelegen – Standort einer angesagten Szenekneipe werden würde, das wurde ihm wohl an seiner Wiege nicht gesungen.
Gleichwohl öffnet auch diese Tür sich zu einem Ort, in dem ein sorgenfreier Aufenthalt Versprechen und Programm ist: Die verschwenderische Größe eines standesgemässen Domizils großbürgerlicher kaiserlicher Untertanen wurde im Verlauf der wechselvollen Geschichte Berlins – und Deutschlands – vielfach verändert und verkleinert. Gleichwohl bietet das verbliebene Fragment immer noch herrschaftliche Deckenhöhen, opulentes Stuckwerk – wenn auch x-fach überstrichen – und (nahezu) doppelt mannshohe Flügeltüren mit Klinken in (nahezu) Kinnhöhe.
Nicht mehr ständige Wohnstatt, sondern als Ferienwohnung vielen Menschen zugänglich, lassen eine behutsame Modernisierung bei den heute unabdingbaren „must-haves“ und ansonsten Möblierung mit Anleihen aus vielen Jahrzehnten seit Erbauung keinen Gedanken Tante Erna’s Wohnzimmer oder gar Museum aufkommmen.
Hier sollen – zeitweilige – BewohnerInnen Unterkunft in Berlin finden und (warum fährt mensch sonst in Urlaub?) eine möglichst sorgenfreie (!) Zeit verbringen, bei Bedarf beginnt die Szene gleich vor der Haustür.
Dass dies gelingen kann, bin ich bereit zu bezeugen 😉 .
Was mag die geneigte Leserin, der geneigte Leser nun daraus schließen?
Nicht das Äußere einer Tür und auch nicht die Menge des aufgebrachten Blattgolds geben zuverlässig Auskunft darüber, ob Sorgen hier wirklich keinen Zutritt haben.
Das hängt wohl immer noch an den Menschen hinter der Tür …

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